Gleichwertigkeitsbericht – Antwort Paul Knoblach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Antwort: Ihr Offener Brief vom 6. April 2022

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Weger,
immer mehr Menschen im Freistaat Bayern haben erkannt, dass es das jahrzehntelang hauptsächlich von der CSU betriebene „weiter so“ nicht mehr geben darf.
Ein Hauptgrund dafür ist die Klimakrise, die durch den schrecklichen Krieg in der Ukraine zwar aktuell und nachvollziehbar in den Hintergrund gerückt ist. Sie bleibt aber ein drängendes Problem, das gelöst werden muss, weil die Extreme durch die Erderwärmung an Häufigkeit und Heftigkeit auch wegen dieses sinnlosen Krieges in unserer Nähe zunehmen werden.
Meine Skepsis gegenüber dem ungebremsten Wirtschaftswachstum auf Kosten von Umwelt und menschlichen Lebensgrundlagen wuchs in noch jungen Jahren mit dem Bericht über die „Grenzen des Wachstums“ an den Club of Rome Anfang der 1970er Jahre. Konsequent gehandelt habe ich dann erstmals 1992 mit der Umstellung meines Bauernhofs in Garstadt im Landkreis Schweinfurt auf Ökologischen Landbau. Einfach war diese Zeit nicht. Als Ökolandwirt wurde man damals noch als Exot angesehen, ja sogar belächelt. Dass der Sommer 1992 der sonnenreichste in der seinerzeitigen Geschichte mit extremer Trockenheit und Wassermangel werden sollte, bestätigte aber meine Entscheidung. Warum ich das erzähle? Weil es sich lohnt, für eine meiner Ansicht nach lebensnotwendige Sache zu kämpfen, aller Rückschläge und Anfeindungen zum Trotz.
Als Gemeinderat in Bergrheinfeld habe ich das 18 Jahre lang im Kleinen getan, als Kreisrat (seit 2014) und Landtagsabgeordneter (seit 2018) ist der Einsatz vor allem für meine fränkischen Heimat in einem größeren Rahmen möglich.
Als Mitglied der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtagsauschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, im Landesgesundheitsrat und auch als Tierwohlsprecher bin ich natürlich auch bayernweit unterwegs. Schwerpunkt sind und bleiben aber die Sorgen und Probleme der Menschen in der Stadt und im Landkreis Schweinfurt, punktuell auch in den Nachbarlandkreisen Haßberge und Rhön-Grabfeld.

Eines meiner Hauptanliegen ist und bleibt der Kampf gegen den Flächenfraß vor Ort. Der Boden als Lebensgrundlage auch zukünftiger Generationen darf nicht mehr länger einer überholten Wachstumsideologie geopfert werden. Dass Freiwilligkeit nicht funktioniert, zeigt sich aber leider auch vor unserer Haustüre. Poppenhausen schafft ein neues Gewerbegebiet für die Ansiedlung von Amazon, das an Gewerbeflächen nicht gerade arme Sennfeld plant auf heutigem Grünland ein nächstes Gewerbegebiet, das gleiche in Schonungen, Üchtelhausen, Werneck, Gerolzhofen, Röthlein und Schweinfurt. In Grafenrheinfeld entsteht ein Einkaufsmarkt in Mainnähe neu, als hätten wir nicht schon genug Märkte. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, aber ich scheue ihn auch vor Ort nicht, um unser grünes Ziel zu erreichen: Das Verschwinden von Wiesen, Wäldern und Grünland unter Asphalt und Beton auf täglich wenigstens nur fünf Hektar zu beschränken. Angekommen ist das bei CSU-Mandatsträger*innen leider noch nicht. Beispiel: Unter dem vehementen Einsatz einer örtlichen CSU-Bundestagsangeordneten wurde die B 286 ausgebaut, 35 Millionen Euro für vier Kilometer Vierspurigkeit, Zeitgewinn vier Sekunden, für die Hunderte Bäume geopfert wurden. Sie waren vormals der Lärmschutz für Schwebheim, den jetzt ein hässlicher Betonwall bieten soll.
Starrköpfigkeit der CSU. Leider ein anhaltendes Problem. Ein früherer CSU-Innenstaatssekretär aus dem Landkreis Schweinfurt führt einen Verein an, der einen Nationalpark Steigerwald verhindern will, er gründet eine Interessensgemeinschaft gegen die Wiederbelebung der noch weitgehend intakten Bahnstrecke von Schweinfurt nach Kitzingen mit einem Haltepunkt in Gerolzhofen. Von einem Nationalpark Steigerwald und einer Bahnstrecke in den Steigerwald würde aber der Tourismus in unserer Region einen Aufschwung erleben, wie das etwa beim Nationalpark in Berchtesgaden der Fall ist. Was in
Oberbayern geht, verhindern in Unterfranken aber leider die eigenen Leute, die
eigentlich das Wohl ihrer Region im Auge haben sollten.
Eine grüne Idee zur Förderung des Tourismus in Franken sind Erlebnisdörfer, angelehnt an die Bergsteigerdörfer mit der entsprechenden Förderung. Bischofsheim in der Rhön habe ich mit meinem Fraktionsvorsitzenden Ludwig Hartmann besucht, die Stadt am Kreuzberg könnte eines der ersten Erlebnisdörfer werden. Aber auch im Steigerwald oder in den Haßbergen stelle ich mir solche Erlebnisdörfer vor. Urlaub in Franken, ein allemal lohnenswertes Reiseziel.

Erwähnt sei in diesem Zusammenhang auch meine Unterstützung des Projekts geMAINsam in Knetzgau. Ein dort geplantes Main-Zentrum wäre dann einen
Abstecher vom MainRadweg wert.
Weiteres Schwerpunktthema: Kartoffeln und Gemüse, Mehl, Nudeln, Käse oder Fleisch in bester Qualität von örtlichen Biolandwirten. Das heißt: kurze Wege mit verlässlichen Partner*innen, die Wertschöpfung bleibt in der nahen Region.
Um das erklärte Ziel auch der Bayerischen Staatsregierung, im Freistaat bis 2030 eine ökologisch bewirtschaftete landwirtschaftliche Fläche von 30 Prozent zu erreichen, müssen die Vermarktungsmöglichkeiten deutlich ausgebaut werden.
Ein Weg dazu ist, weit mehr Bio als im Moment auch in öffentlichen Küchen,
in Kantinen von mittleren und größeren Unternehmen und Krankenhäusern, in Schulen und bei Caterern anzubieten. Diesem Ziel nehme ich mich auf regionaler Ebene seit geraumer Zeit in enger Kooperation mit der Ökomodellregion Oberes Werntal an.
Zuletzt noch das Wasser bzw. der Mangel daran, ein Thema, das uns gerade im
wegen der Klimaveränderungen besonders trockenen Unterfranken noch intensiv beschäftigen wird. Da Wasser ein Allgemeingut ist, müssen gesellschaftliche Aspekte Teil von Abwägungsprozessen sein. Am Beispiel der besonders trockenen Bergtheimer Mulde erleben wir heute, dass es ein Fehler war, dies nicht zusehen. Wie anders hätte es dort zu hitzigen Debatten über Verteilungsfragen bis hin zu Vandalismus-Akten kommen können.
Es wurde ganz einfach übersehen, dass es ohne gesellschaftliche Akzeptanz nicht geht. Wenn der Staat entscheidet, dass es Wasser für Rebflächen, für die Gemüseproduktion, für die Lebensmittel-Erzeugung geben soll und wenn wir dies finanziell fördern, dann müssen wir auch Ansprüche damit verbinden, dann muss dafür gesorgt werden, dass die beteiligten Gruppen in einen Dialogprozess eintreten. Es muss eine neue Landschaftsplanung entwickelt werden, mit Wasserspeichern, mit Erosionsschutzstreifen, mit einem Biodiversitätsmonitoring, mit Biotopen, mit Agroforstsystemen und Vorgaben zu den Fruchtfolgen. So halte ich es für möglich, dass aus unserer Trockenregion eine Modellregion wird.
Wegen der massiven Frostschäden in den Weinlagen an der Mainschleife im Landkreis Kitzingen, im Landkreis Schweinfurt und im Steigerwald, haben wir auf meine Initiative hin einige parlamentarische Initiativen unternommen und Anträge formuliert, um Versicherungsfragen zu klären und Schutz gegen künftige Fröste zu sichern. Erinnert sei zuletzt noch an den aktuellen Kampf zur Rettung des Schwarzen Moors in der Hochrhön. Es ist wegen Wassermangels und dem ungebremsten Baumwuchs in seiner Existenz gefährdet ist. Erreicht wurde, dass ein Gutachten erstellt wurde, das die notwendigen Schritte zur Rettung dieses enorm wichtigen CO2-Speichers auflistet.
Fazit: Ich bin in Franken geboren, lebe gerne in diesem so facettenreichen Landstrich, für den sich mein auch künftiger politischer Einsatz als Kreisrat und Landtagsabgeordneter lohnt.

Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie gesund
Paul Knoblach
Mitglied des Bayerischen Landtag

 

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